Vorschulen schaffen Perspektiven für eine bessere Zukunft

Ein Reisebericht

 
 

Armut trotz Fortschritten

Vom BACE MITALI-Ausbildungszentrum in Birganj im Nordwesten von Bangladesch fahren wir in das nahgelegene Dorf Rampur Ghonper Para. Unser Kleinbus zieht eine große Staubwolke hinter sich her. Die holprige Sandpiste ist voller Löcher. Entgegenkommende Fahrzeuge darf es hier aus Platzgründen am besten gar nicht geben. Links und rechts säumen Senf-, Reis- und Maisfelder den Weg. Für etwas Abwechslung sorgen kleine Bananenplantagen und Bambushaine. Die Region ist sehr idyllisch, aber auch abgeschieden. Die meisten Menschen arbeiten hier in der Landwirtschaft. Einiges hat sich in den letzten Jahrzehnten verbessert. So sieht man zum Beispiel immer häufiger landwirtschaftliche Maschinen und Traktoren, zahlreiche Hütten haben mittlerweile elektrisches Licht. Doch das Leben hier bleibt hart. Viele Familien profitieren noch nicht von dieser Entwicklung und von dem allgemeinen wirtschaftlichen Wachstum in Bangladesch

Einfach, aber wirkungsvoll!

Lehmhütten mit Schilf- oder Wellblechdächern tauchen am Straßenrand auf. Wir erreichen unser eigentliches Ziel: die Vorschule von Rampur Ghonper Para. Von der Ferne hören wir bereits die Kinder im Chor singen. Vor der Vorschule dient eine kleine Wiese als Schulhof. Jetzt im Februar ist es noch Winter und Trockenzeit, der Rasen ist dementsprechend braun. Neben der Tür wächst Bambus. Dahinter fließt in einer Schlucht ein breiter Bach. Die Vorschule selbst ist einfach gebaut, vielleicht gerade einmal 20 m² groß, und besteht aus Schilf- und Bambuswänden sowie einem Wellblechdach. Als wir eintreten, werden die Schülerinnen und Schüler mucksmäuschenstill. Die Lehrerin Nilima Roy begrüßt uns und heißt uns willkommen. Sie ist 38 Jahre alt und unterrichtet hier gegen eine kleine Aufwandsentschädigung bereits seit zehn Jahren

 

„Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.“

- Aldous Huxley

Mit Begeisterung lernen

Die Kinder sind hoch motiviert. Man sieht, dass ihnen der Unterricht Spaß macht. Eine Schülerin und ein Schüler kommen nach vorne an die Tafel und zeigen uns, wie gut sie bereits das ABC in bengalischer und lateinischer Schrift schreiben können. Dafür, dass das Schuljahr erst im Januar angefangen hat, klappt das schon sehr gut. Wir sind beeindruckt. Nilima Roy macht mit ihrem Unterricht weiter. Abgesehen von der Tafel, verwendet sie vor allem Plakate, die mit bunten Bildern Zahlen und Buchstaben kindgerecht erklären. Auf die Frage, was die Kinder später einmal werden wollen, hören wir in fast allen Vorschulen das gleiche. Lehrer*in und Polizist*in stehen hoch im Kurs. „ Das sind die einzigen richtigen Berufe, die sie kennen und mit denen sie bisher in Kontakt gekommen sind. Ihre Eltern haben meistens keine Schule besucht, keine Ausbildung gehabt und arbeiten auf den Feldern“, erklärt Mahbubul Islam, Geschäftsführer unserer bengalischen Partnerorganisation BACE

 
 

Jedes Kind braucht Bildung

„Zwar gibt es in Bangladesch eine allgemeine Schulpflicht, aber viele Kinder aus armen Familien bekommen nie die Chance, zur Schule zu gehen“, erzählt Mahbubul Islam weiter. „Manchmal fehlt einfach nur das Geld für die Schulbücher, oder die Schule ist zu weit weg und Fahrtkosten sind für die Familien unerschwinglich. Eine Vorschule im Dorf zu haben, ist in dieser abgeschiedenen Region nicht selbstverständlich. Wir sind daher froh, dass wir hier insgesamt 74 Vorschulen betreiben können. Allein im Jahr 2022 erhielten 1.634 Kinder eine schulische Grundbildung. Das ist sehr wichtig, denn Bildung gibt diesen Mädchen und Jungen die Hoffnung auf ein besseres Leben.“

Stefan Herr