Gesundheit für alle!

Ein Reisebericht

 

Alle Eltern und werdenden Eltern kennen das, die Frage, wie man am Tag der Geburt seines Kindes am besten und schnellsten zum Krankenhaus kommt. Manche machen sich vorher Sorgen, weil sie spontane Staus auf den Straßen befürchten. Doch eigentlich ist das hier bei uns in Deutschland kein Problem, das nächstgelegene Krankenhaus ist meist nur ca. 15 bis 20 Minuten entfernt. In Bangladesch ist das anders!

 

Keine Gesundheitsdienste in vielen ländlichen Regionen

Trotz großer Fortschritte im Gesundheitssektor ist die Versorgung ärmster Menschen weiterhin unsicher. Besonders in den ländlichen Regionen Bangladeschs sind Gesundheitseinrichtungen und -dienste oftmals nicht vorhanden oder nur schwer erreichbar.

Bei unserer letzten Projektreise im Februar 2023 besuchten wir in Azimnagar das Projekt unserer bengalischen Partnerorganisation TARANGO. Azimnagar liegt auf einer Insel mitten im riesigen Fluss Padma. Das Flussbett ist an manchen Stellen bis zu acht Kilometer breit. Nazlee Jamal, eine Mitarbeiterin von TARANGO, erzählte uns: „Hier gibt es kein Hospital, nicht einmal einen Arzt. Dramatisch ist die Situation besonders für schwangere Frauen, wenn es vor oder während der Geburt Komplikationen gibt. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis man bei einem Hospital auf der Festlandseite des Padma angekommen ist. Die Reise ist außerdem für die werdenden Mütter sehr anstrengend, kräftezehrend und oftmals auch lebensgefährlich.“ Zum Bootsanleger müssen die Frauen mit einer Pferdekutsche fahren. Die sind sehr einfach gebaut: eine Ladefläche aus Holzbrettern, keine Federung.

Auf den unbefestigten Wegen knallt man so ungebremst in die vielen Schlaglöcher. Für die Frauen, die kurz davor sind, ein Kind zur Welt bringen, ist die ein- bis zweistündige Fahrt eine Tortur. „Wenn die schwangeren Frauen Pech haben,“ erzählt Nazlee Jamal weiter, „müssen sie lange warten, bis das nächste Boot anlegt.

Außerdem sind die Familien meistens arm und können es sich nicht leisten, die gesamten Kosten für das Boot und die Überfahrt allein zu zahlen. Sie müssen deshalb duldsam ausharren, bis genügend Passagiere zusammengekommen sind. Die Überquerung des Padma braucht eine weitere Stunde. Im Anschluss geht es meist mit einer Transportrikscha weiter. Bis zum nächsten Hospital kann das nochmal zwei bis drei Stunden dauern. Die ärztliche Hilfe kommt da in vielen Fällen schon zu spät. Viele Säuglinge sterben. Für die Mütter ist das lebensbedrohlich und traumatisch.“

Als wären die langen, beschwerlichen Anreisen nicht genug, kommen für Mütter und Kinder aus armen Familien noch weitere Probleme hinzu. Sie sind meist schlecht ernährt, leben in unhygienischen Verhältnissen. Sanitäre Anlagen fehlen ebenso wie sauberes Trinkwasser. So erkranken sie leicht an Durchfall, Hautausschlägen oder Infektionen. Zudem fehlt oft grundsätzlich das Geld für den Arztbesuch und für Medikamente. Eine Krankheit oder Geburtskomplikationen können somit zum Ruin der ganzen Familie führen.

 

Täglich retten Ärzte Leben

Für viele arme Familien sind die drei von der Lichtbrücke unterstützten Mutter-Kind-Hospitäler in Sonargaon, Mollahat und auf der Insel Matarbari unentbehrlich. Hier bekommen schwangere Frauen, Mütter, Säuglinge und Kinder kostenfreie Medikamente und eine medizinische Versorgung durch engagierte Ärzte. Die Ausstattung ist im Mutter-Kind-Hospital in Sonargaon dank einer großzügigen Finanzierung durch die Else Kröner-Fresenius-Stiftung besonders gut. In den anderen beiden Hospitälern sind medizinische Geräte für Standard-Diagnosen vorhanden. Für eine Verbesserung der Behandlungen sind Spenden für weitere Instrumente und Apparaturen notwendig. Ebenso wichtig wie die Hospitäler selbst sind Aufklärungsmaßnahmen. Durch sie haben sich die hygienischen Zustände in den drei Regionen stark verbessert, weniger Menschen wurden krank. Unsere Hospitäler und Gesundheitsmaßnahmen haben dazu beigetragen, dass die Sterblichkeit von Müttern und Neugeborenen in den Projektgebieten im Laufe der Jahre stark zurückgegangen ist. Allein im Jahr 2022 erhielten 27.128 Mütter und Kinder eine medizinische Behandlung.

 
Stefan Herr